Abenteuer Eiger Ultra Trail 250 mit alt Bekannten und einer Neuen

 

Video https://www.youtube.com/watch?v=n-xPmsYihDY

Vorbereitung

Lange schien der Wettkampf in weiter Ferne zu liegen, jedoch je näher das Datum im Juli kam, umso mehr stieg die Anspannung und die Besorgungsliste wurde immer länger anstatt zu schrumpfen 🧐. Natürlich war da noch Covid🦠, vor welchem ich bisher glücklicherweise 🍀 verschont blieb und so befürchtete ich, dass diese Glückssträhne vor dem Wettkampf enden könnte. Jede Läuferin/jeder Läufer kennt die negativen Gedanken an eine mögliche Verletzung/Krankheit vor einem Wettkampf. Also hiess es, Kontakte im Privaten reduzieren und zu hoffen, dass mir kein Fehltritt im Training passiert. Jeder Trainingskilometer und Höhenmeter waren absolut erforderlich, damit wir den Eiger Ultra Trail mit 250 km und 20 000 Höhenmetern (gemäss Veranstalter) erfolgreich absolvieren können. Am Niesenlauf, 11.6.22, also rund 1 Monat vor dem Start, halte ich die glorreiche Idee runterzulaufen nach dem Wettkampf anstelle mit der Bahn herunterzufahren. 1 km bevor ich unten war und im Kopf bereits wieder den Fokus vom Laufen entfernt hatte (🍺, 🍦 …), passierte das, was ich unbedingt vermeiden wollte. Fuss umgeknickt, gefolgt von einem kurzen Ausflug in die Botanik. Am Boden liegend freute ich mich, dass das Sprunggelenk/die Bänder intakt waren, jedoch spürte ich eine ungewohnt starken Schmerz im Mittelfuss. Erst als ich mit dem Auto nachhause fahren wollte, spürte ich den massiven Schmerz beim Kuppeln und dessen Einschränkungen. Mein Götti Benno meinte immer, wenn man das Bein schüttelt und der Fuss noch dranbleibt, kann es nicht so schlimm sein 😉. Die beiden nachfolgenden Camps welche ich leiten durfte (10. Marmota Eiger Camp, 7. Pitztal-Trail-Camp) waren dann auch gleich die richtigen Belastungsproben, ob mit dem immer noch spürbaren Schmerz im Mittelfuss eine Teilnahme am EUT250 möglich sein würde. Glücklicherweise beschränkte sich der Schmerz auf gewisse Belastungen und wurde trotz intensiver Belastung nicht zusätzlich verstärkt. 

 

Anreise/Start

Meine Laufpartnerin Daniela bot an, dass wir gemeinsam von Luzern nach 

Grindelwald fahren. Also packte ich meine sieben Sachen am Dienstagnachmittag in das Auto und fuhr nach Luzern, wo ich zuerst mit einer feinen Portion Dinkelpasta für den folgenden Tag gestärkt wurde 😋. Nach einer kurzen Autofahrt waren wir dann bereits in Grindelwald und wir gingen direkt zur Materialkontrolle, welche gut organisiert rasch durchgeführt werden konnte, um diese wichtige Aufgabe erledigt zu haben. Danach bezogen wir unsere Zimmer im @hotel_caprice_grindelwald und machten uns auf den Weg zum Abendessen. Da der Trail am Mittwoch um 8 Uhr startete, war genug Zeit für ein ausgiebiges Frühstück im Hotel am Mittwochmorgen – herzlichen Dank liebe Regula, dass du nur für uns das Frühstück vorverlegt hast. Wie zwei Kleinkinder freuten wir uns auf den bevorstehenden Start. Pünktlich um 8 Uhr liefen wir mit den anderen 50 Teams zuerst den Eigertrail hinauf zur kleinen Scheidegg. Bereits hier wurde uns klar, was für ein ausserordentliches Privileg 🙏🏻 wir haben und unsere Leidenschaft in einer solchen atemberaubenden Natur ausführen zu dürfen. Gut gelaunt erreichten wir die kleine Scheidegg, von wo uns die Strecke, welche nicht markiert war, via Wengeralp hinunter nach Stechelberg führte. In Stechelberg teilte uns eine Zuschauerin mit, dass wir an Position 16 seien 😳. Den Lauf langsam angehen zu lassen, sieht vermutlich anders aus. Im ersten Verpflegungsposten in Stechelberg (22 km) erwartete uns unser 🏅-Supporter Sandro. Was Sandro alles für uns gemacht hat, kann ich hier gar nicht abschliessend aufzählen. Immer gutgelaunt und bestens organisiert, nahm er uns alle Aufgaben jeweils ab. Irgendwie hat er es immer fertig gebracht an jedem Verpflegungsposten uns mit Eispacks🧊 zu versorgen, welche wir über den Nacken legten und somit die ersten paar Kilometer eine zusätzliche Kühlung hatten. Auch dieser Luxussupport konnte jedoch nicht verhindern, dass ich im Aufstieg zur Rothornhütte von Krämpfen in beiden Oberschenkeln gestoppt wurde. Die nächsten Kilometer zur Rothornhütte waren geprägt von laufen, stehenbleiben, entkrampfen, auf die Zähne beissen und wieder von vorne. Daniela hatte zum Glück sehr viel Geduld mit mir und so ging es nach einer Einkehr in der Rothornhütte frisch gestärkt (0.5 Rivella, 0.5 Shorley + 1 Stk. Rhabarerwähe) weiter über die Sefinafurgga (2612 MüM). Daniela staunte nicht schlecht, was eine kurze Pause und Rivella – mein persönlicher Treibstoff – bei mir bewirkte. Via Griesalp ging es Richtung Hohtüürli (höchster Punkt des Trails mit 2778 MüM). Vor dem steilen Aufstieg kehrten wir bereits in die nächste Hütte «obere Bundalp» ein, wo es erneut für mich ein Rivella gab. Da wir bei den extremen Temperaturen auf Flüssigkeit angewiesen waren, hielten wir an allen Brunnen und kehrten in alle möglichen Hütten ein. Ein ganz grosses Dankeschön an alle Hüttenwarte und das gesamte Personal für die mehr als freundliche Bedienung.

 

Steil, steiler und schöner

Das Hohtüürli machte seinem Namen alle Ehre und der Aufstieg wollte und wollte nicht enden. Glücklich, aber erschöpft legten wir kurz vor der finalen Treppe eine Pause ein. Belohnt für die Pause wurden wir mit dem Anblick eines Steinbockes 🐐welcher unbekümmert von uns seiner Tätigkeit nachging. Der nachfolgende Abstieg führte uns in Richtung Oeschinensee, welcher türkisblau in der Abendsonne schimmerte. Die Strecke führt uns oberhalb des Sees in Richtung Kandersteg und etwa 5 km vor Kandersteg verlor Daniela den Bodenkontakt und stürzte Kopf voran in ein Bachbett. Stille, da wusste ich, es war ein Sturz mit Folgen. Zum Glück kam das Blut nur von den Lippen und es war sonst keine offene Wunde sichtbar. Sichtlich gezeichnet und unter Schock setzten wir den Abstieg nach Kandersteg fort und dort ging es dann zuerst zur Sanität ⛑. Die gesamte Helferschaft des Eiger Ultra Trail hat uns den ganzen Trail hervorragend und leidenschaftlich betreut und ein grosses Merci drückt nicht die empfundene Dankbarkeit 🙏🏻 aus. Krisi Liechti vom Sanitätsdienst hat Daniela erstklassig und professionell versorgt, ein ganz grosses Dankeschön und erst nach einer kurzen Pause gab sie uns grünes Licht 🚦 für das Weiterlaufen. Das nächste Ziel war der Lötschenpass mit seiner Hütte auf 2690 MüM. Also ging es durch die Nacht dem Morgen entgegen zur Lötschenpasshütte hoch. Zu unserem grossen Erstaunen erhielten wir als Läufer alles umsonst und wir wurden liebevoll von der gesamten Hüttencrew der Lötschenpasshütte umsorgt. DANKESCHÖN IHR SEID DER WAHNSINN! 

 

Russisch Roulette

Nun folgte endlich der langersehnte Abstieg nach Jeitzinen (90 km) und anstelle dass die Zeitangaben auf den Wandertafeln nach Jeitzinen kürzen würden, schwankten diese zwischen 1:45 h bis 2:30 h fröhlich hin und her 🤡. Wir wollten doch nur nach Jeitzinen und fühlten uns im Hamsterrad gefangen 😭. Endlich in Jeitzinen angekommen, wurden wir wie immer von Sandro empfangen und nach Strich und Faden verwöhnt. Die Schlafmöglichkeiten 😴 hier in Jeitzinen war, sagen wir bescheiden und so entschloss ich mich für ein Nickerchen 🥱 auf der Bank und anschliessend an der Sonne ☀️ um wieder etwas aufzutauen🥶. Frisch gestärkt getrauten wir uns erneut, mit Eispacks 🧊 ausgerüstet auf den Weg via Südrampe in den Glutofen im Wallis. Mittlerweile hatte sich das Läuferinnenfeld eingespielt und wir trafen immer wieder auf die gleichen Gesichter, in welchen wir ebenfalls die wachsende Erschöpfung ablesen konnten. Nun wurde auch das Navigieren etwas schwieriger, da es oft mehrere Wege gab, welche sich xfach kreuzten. Doch dank der Coros Vertix 2 – vielen Dank für die Leihgabe @bucher_walt.ch – war es für uns keine Schwierigkeit und die Uhr lief den gesamten Trail, ohne aufzuladen durch 🤤. 

 

Hüttengaudy

Der Trail verwandelte sich langsam in eine reine Hüttentour und bekam von uns den liebevollen Kosename «Hüttengaudy». Dankbar für jede Möglichkeit, das Wasser nachzufüllen und etwas zu konsumieren, gab es erneut eine Pause in der Chrüterbeiz. Finnen (116 km) war das nächste Ziel und dort wurden wir gefühlt vom ganzen Dorf frenetisch 🥳 empfangen. Erdnüsse, Bouillon, Cola und eine Banane sollten für den nächsten Aufstieg nach Belalp reichen, wo wir eine längere Pause einplanten. Der Vollmond 🌕 begleite uns durch die Nacht hoch nach Belalp immer den Lichtern entgegen. Müde, aber zufrieden erreichten wir nach Mitternacht die Belalp (127 km). Eine feine Pizza 🍕 und 1 Stunde Schlaf 😴 fühlten etwas unsere Speicher und Sandro sorgte dafür, das unsere Ausrüstung (Akkus) geladen wurden. Ja, auch hier war Sandro mit vollem Equipment zur Stelle und ist mit der ganzen Ausrüstung extra hochgelaufen, damit er für uns da sein konnte, DANKE 🙏🏻. Wir wussten auf der anderen Seite des Massivs liegt unser Ziel und so ging es bereits um 3:30 Uhr weiter Richtung Bellwald (156 km).

 

Magisch

In den frühen Morgenstunden im Licht der Stirnlampen stiegen wir hinunter zur Hängebrücke, welche über den Gletscher führt. Durch den Aletschwald ging es dann im Morgengrauen hoch in Richtung Bettmerhorn. Oben angekommen begrüsste uns erneut die Sonne ☀️ und wir konnten diese traumhafte Natur in voller Pracht geniessen 🤩. Der Trail führte uns hinunter zum Gletscher in Richtung Märjelenseen und eine neue Hütte wollte besucht werden. Da uns langsam das Geld ausging, konnten wir dank TWINT einen Bargeldtausch mit einem anderen Läuferpaar – danke vielmals – zu Sandwich mit Streuwürze und Nussstange greifen. Der Abstieg in Richtung Bellwald stellte sich als technischer heraus als erhofft und die Sonne macht das Ganze auch nicht gerade einfacher. Kurz vor Bellwald fand ich dann auch noch das versteckte Loch und nahm kurz ein Vollbad in 🐄💩

 

1a-Service

In Bellwald (155 km) wurden wir liebevoll von der ganzen Familie von Daniela und Brigitta begrüsst und noch herzlicher umsorgt. Ich musste zuerst unter die Dusche 🚿, um den zusätzlichen Geruch loszuwerden, danach liess ich meine Blattern an der Ferse versorgen ⛑. Frisch geduscht 🧼 , gestärkt 💪🏻, mit Eispacks 🧊 bewaffnet ging es in Richtung Grimselpass und wir wussten uns erwartet die schwierigste Phase des Trails für uns. Die Müdigkeit 🥱 nahm von Stunde zu Stunde zu und so machten wir unterwegs immer wieder kurze Pausen oder schliefen sogar beim Gehen kurz ein. Vor dem eigentlichen Aufstieg zum Grimselpass via Gommerhöhenweg, musste zuerst die Galmihornhütte noch gemeistert werden und auch dieser Aufstieg schien nur einfach senkrecht nach oben und anschliessend wieder herunterzugehen 🤬.

 

Alt Bekannte und die Neue

Dass zu wenig Schlaf und die Anstrengung zu Halluzinationen führt, hatte ich schon mehrfach erlebt bei anderen langen Wettkämpfen und war es gewohnt, Dinge zu sehen, welche nicht real sind. Somit erfreute ich mich, dass es diesem Mal keine Satanbilder sondern vermehrt Menschen und Tieren waren, welche ich wähnte zu sehen. Doch da war noch die Neue – welche ich zuerst gar nicht bewusst wahrnahm. Jedes Mal beim Überqueren eines Baches/Flusses hörte ich neben dem gewohnten Rauschen im Hintergrund Radiomusik. Nein, wir sind ohne Musik gelaufen und ich hatte eine akustische Täuschung. Spannend war, dass es immer andere Songs waren, welche im Hintergrund des Rauschens für mich hörbar waren.

 

Grimselpass

Sichtlich von den Strapazen gekennzeichneten 🥵 erreichten wir frierend 🥶 endlich die Höhe und sahen in der Ferne das Licht der Hütte auf dem Grimsel. Zwischen uns und der Hütte lag jedoch noch ein See und wie Zombies 🧟‍♀️ stolperten wir in Richtung Licht. Kurz vor der Hütte wurden wir freundlich von Regi und ihrem Begleiter mit Pfiffen auf den richtigen Weg geführt und in der Hütte gab es wohl die besten Spaghettis 🍝, die man sich wünschen konnte. Auch hier war Sandro zur Stelle, welcher jeweils im Auto übernachtete und auf uns warte. Mit Glück 🍀 hatten wir die 2 letzten Schlafmöglichkeiten bekommen und nach 2 Portionen Pasta ging es zuerst unter die Dusche und dann ab ins Bett. Nach 1:30 h beschloss aufzustehen und mein Rucksack neu zu packen. In der Nacht hatten wir sämtliche Kleidung benötigt und diese musste nun wieder platzsparend verpackt werden. Ok, dass ich unsanft von einer anderen Läuferin geweckt wurde, welche mich verwechselt hatte, war vermutlich mit ein Grund, dass ich mich bereits wieder ausrüstete. Daniela spürte meinen Antrieb und entschloss sich ebenfalls aufzustehen. 

 

Ultra-Marathon

Um 6:30 Uhr führt uns der Trail hinunter ins Tal und bis zum finalen Ziel war es nur noch ein Marathon. Top motiviert flowten wir hinunter und waren selbst erstaunt, was die Beine noch alles hergaben. So verfolgen die Kilometer wie im Flug und wir näherten unseren nächsten Stopp in Geissholz. Unterwegs haben wir so viele liebe Menschen getroffen, welche uns fragten, was wir machen und uns am liebsten umsorgt hätten. In Geissholz (220 km) galt es nochmals, alle Speicher zu füllen und auch hier wurden wir wieder top betreut und kulinarisch vom Feinsten versorgt – vielen, vielen Dank für den Premium-Support @philipp.wichtermann und Team. Erneut mit Eispacks 🧊ausgerüstet ging es nun dem letzten Aufstieg zur Grossen Scheidegg entgegen. Irgendwie schienen die Kilometer im Berner Oberland viel schneller als im Wallis zu verfliegen und so ging es Schritt für Schritt dem Ziel entgegen. Auf der Grossen Scheidegg angekommen, ging es auch gleich wieder runter. Ok runter läuft es sich nicht mehr so einfach, wie hoch und wir bemühten uns, locker zu bleiben. Grindelwald kommt immer näher und die Emotionen werden auch intensiver. Da wir am späteren Samstagnachmittag eintreffen, ist in Grindelwald eine riesige Stimmung und was nun stattfindet, ist einfach unbeschreiblich 🤩 . So viele Freunde feiern und rufen uns zu. Wir fliegen förmlich ins Ziel. Nach 82 h 42 Minuten haben wir das Ziel erreicht fühlen uns unsterblich. Die Party beginnt und dank dem Hotel Caprice hatte ich noch eine Übernachtungsmöglichkeit bekommen, tausend Dank.

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Patrick Riekert